Stefans Waldenbuch-Seite

Waldenbucher Historie



Otto Springer, Nachkomme der angesehenen, Waldenbucher Familie Wieder, schrieb in dem 1912 erschienen Buch „Geschichte der altwürttembergischen Landstadt Waldenbuch“:

An der großen Straße, welche in der Richtung von Nord nach Süd den Schönbuchwald durchschneidet und die Hauptsitze schwäbischen Geisteslebens, Stuttgart und Tübingen, miteinander verbindet, liegt genau in deren Mitte auf einem Hügel, welcher von den westlichen Höhen aus beinahe freistehend in den Taleinschnitt des Flüßchens Aich vorgeschoben ist, die Stadt Waldenbuch.



Sie hat ein Schloß, eine Stadtmauer, einen Marktplatz, einen Stadtschultheiß und einen Stadtpfarrer, aber trotz dieser hervorragenden Eigenschaften wird sie der Geograph und Statistiker zu den „kleinen unter den Tausenden von Juda“ rechnen müssen, weil sie einschließlich der Parzellen keine 2000 (1910: 1856) Einwohner zählt, Handel und Gewerbe nur mäßig entwickelt sind und auch die Eisenbahn ihren Weg noch nicht dorthin gefunden hat*, sondern bloß als Abschlagszahlung neuestens eine Kraftwagenverbindung mit Stuttgart und Tübingen besteht.

*Erst 1928 wird die Strecke von Leinfelden über Musberg durch das Siebenmühlental zur Burkhardtsmühle in Betrieb genommen. Heute hat Waldenbuch zwar eine Bahnhofstrasse, aber keine Bahnhof mehr, denn bereits 1956 wurde die Strecke wieder stillgelegt. Die alte Trasse ist aber noch leicht auszumachen, denn auf ihr verläuft jetzt der Bundeswanderweg.

Wir wollen uns daher mit der bescheideneren Bezeichnung Städtchen, oder, wie es in alten Urkunden heißt, Stättlen**, begnügen, sind aber doch überzeugt, daß gar manche, die jetzt in Amt und Würde in ganz Deutschland und darüber hinaus zerstreut sind, sich gerne der schönen Stunde erinnern, die sie als Söhne der alma mater Tübingen zu Waldenbuch verbrachten, das seiner guten Gasthöfe und seiner schönen Waldumgebung wegen ein beliebter Punkt für Ausflüge der studierenden Jugend war, und zum Teil noch ist.

**Noch heute wird der im Tal liegende Stadtkern von den "Waldabiacher" als Städtle bezeichnet.

Ehe wir den ersten Anfängen des Ortes nachspüren, sei zuerst der Landschaft in weiterem Sinne gedacht. Wir befinden uns in einem dem Keupergebiet angehörigen waldbedeckten Bergland, dessen höchster Punkt sich im eigentlichen Gebirgsstock, dem Bromberg, 584 Meter über das Meer erhebt, und das von Süd nach Nord eine Länge von etwa 32 Kilometer hat, während es von Ost nach West in einer Breite von rund 25 Kilometern sich ausdehnt.

Von den zahlreichen klaren Waldgewässern sind die hauptsächlichsten die schon genannte Waldenbucher Aich und deren Zwillingsschwester die Schaich, welche beide, in ihrem späteren Lauf vereint, dem nahen Neckar zueilen. Das ganze, von Schluchten, Rinnen und Wiestälern mannigfach durchzogene Gebiet, in welchem zahlreiche Ortschaften, Weiler und Höfe über Berg und Tal verstreut liegen, heißt der Schönbuch, ein Namen, der urkundlich erstmals in den Jahren 1187 – 1191 als Schaienbuch oder Schainbuoch vorkommt; letzteres ist die älteste nachweisbare Schreibung und bedeutet wahrscheinlich heller Buchwald.

Die ältesten Spuren menschlicher Bewohner sind mächtige Verschanzungen von Stein, meist in Ringform um die Kuppen der Höhen gelegt, häufig umgeben von Grabhügeln, die sich überhaupt im ganzen Wald verstreut finden, der in stiller Treue diese Denkmale mächtiger Volkskraft seit Jahrtausenden unversehrt behütet.



Über die Siebenmühlentalbahn findet man hier etwas:



Im Mittelalter gehörten zahlreiche Orte um Waldenbuch herum den Pfalzgrafen von Tübingen. Diese waren jedoch nicht, wie man vermuten könnte, die Waldenbucher Herren. Otto Springer schreibt:

Als solche sind die den Tübinger Grafen nahe verwandten mächtigen Grafen von Hohenberg anzusehen, deren Stammsitz auf dem gleichnamigen zweithöchsten Berg der schwäbischen Alb im damaligen Scherragau, im heutigen Oberamt Spaichingen*, lag. Nicht mit urkundlicher Gewißheit, wohl aber hoher geschichtlicher Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, daß Waldenbuch von dem Hohenberger Grafen Burkhard II.** durch Heirat als Teil der ehemaligen Grafschaft Kersch erworben wurde, deren gänzlich verschwundener Stammsitz bei Denkendorf am unteren Lauf des Baches Körsch lag, welcher zwei Stunden nordöstlich von Waldenbuch über die Filderebene weg dem Neckar zufließt.

* Der 1011m hohe Oberhohenberg gehört zu dem Teil der Alb die als großer Heuberg bezeichnet wird und liegt in der Nähe von Balingen, wo sich die heutigen Landkreise Rottweil, Tuttlingen und Zollernalb berühren.
** Mehr über Burkhard II. von Hohenberg und die Grafen von Hohenberg, einer Seitenlinie der Hohenzollern, findet man hier:

In der Burg und Stadt Waldenbuch, da wo die Gebiete der sich ebesooft verbindenden als bekriegenden drei Grafschaften von Tübingen, Hohenberg und Wirtemberg samt den Besitzungen der streitsüchtigen freien Reichstadt Eßlingen zusammenstießen, saß ums Jahr 1296 ein Wernher von Waltenbuch, welcher laut Vertragsbrief zwischen der Stadt Eßlingen und dem dabei gelegenen Frauenkloster Sirnau eben diesem Kloster 25 Morgen Ackers und 7 Mannsmahd (d.h. soviel als 7 Männer an einem Tag mähen konnten) Wiesen schenkte.

Dieser Vertrag ist die erste erhaltene, schriftliche Erwähnung von Waldenbuch und war im Jahr 1996 Anlass zur Feier des 700-jährigen Bestehens der Stadt.

Im Jahr 1363 verkaufte schließlich der Herzog Reinold von Urslingen die Stadt Waldenbuch "nebst Zubehör und Gütern" an die Grafen Ebrhard II., den Greiner oder Rauschebart, und Ulrich IV. von Wirtemberg. Wie Waldenbuch damals wohl aussah beschreibt Otto Springer so:

Der aus dem Aichtal sich erhebende freistehende Hügel, nur auf der Westseite gegen das Dorf Weil hin durch einen schmalen Sattel mit dem bergigen bewaldeten Hinterland (Weilerberg) verbunden, trug auf seiner schön abgerundeten Kuppe, wo heutzutage das Schloß steht, die alte Burg, von der nichts mehr erhalten ist. Dicht daneben befand sich die, abgesehen von dem unteren Teil des Turmes, ebenfalls verschwundene alte Kirche nebst dem sie umgebenden Friedhof. Daran schließt, gegen Süden ziemlich abfallend, der heutige Marktplatz an, von dem die hauptsächlich gegen Osten und Westen abfallenden Straßen des den ganzen Hügel bedeckenden Ort einnehmen. Die Befestigung des Städtleins hing mit derjenigen der Burg zusammen; beide waren gemeinsam geschützt durch eine hohe Ringmauer, die um der später darauf gebauten Häuser willen größtenteils erhalten ist. Gegen Westen hin (beim heutigen Gasthof zur Post*) öffnet sich das obere Tor, im Stuttgarter Zinsbuch von 1451 "Wyler Thor" genannt**, nach dem nächstgelegenen Ort Weil im Schönbuch, gen Osten hin das untere Tor in der Richtung von Stuttgart her; zur Verteidigung eingerichtete Türme schützen diese Zugänge. Der Überlieferung nach führte ein von der Burg herablaufender unterirdischer Gang zu einer auf der Südseite der Mauer befindlichen Pforte, gegenüber der heutigen Mühle, wo wirklich eine spitzbogenartige Vermauerung wahrzunehmen ist***. Aus dem heutigen Schloßhof gelangt man durch eine kleine Mauerpforte auf den schräg über den Schloßrain hinabziehenden schmalen sogenannten Feuerweg, den einst Herzog Ulrich bei einem Brand zu seiner Rettung benützt haben soll.

* Punkt 11 des Stadtlehrpfades
** Punkt 7 des Stadtlehrpfades
*** Punkt 15 des Stadtlehrpfades

Die natürlichen Wasserverhältnisse waren der Befestigung sehr günstig, denn wie das Aichflüßchen dicht um die nördliche, so schmiegt sich der gleichfalls dem Schönbuch entspringende Totenbach, in seinem weiteren Verlauf Segelbach, Seitenbach, Heimbach genannt, um die südliche Hälfte des Hügels, der von einem aus dem Bach gespeisten nassen Graben umzogen war, nach welchem heute eine Straße "auf dem Graben" benannt wird. Folgen wir dem Zug der Mauer, so betrug der damalige Umfang etwa 800 Schritte = 640 Meter. Das Ganze stellte, sowohl der Lage als der Überreste der Befestigung nach, ein ehemals starkes mittelalterliches Bollwerk von mäßigem Umfang dar. Wer die Burg erbaut un den Ort befestigt, ob, wann und durch wen schließlich die Burg zerstört wurde, dies ist unbekannt.

1482 erhielt Graf Eberhard im Bart die Herrschaft über Württemberg, der zur Hirschjagd und zur "Pflege geistlicher Übungen im Kloster Bebenhausen" den Schönbuch besuchte.

Mehr als Eberhard selbst spielt seine treffliche Gemahlin, vom Volk die Gräfin von Mantua genannt, eine Rolle in unserer Geschichte. Sie besaß in nächster Nähe des Städtchens auf einer lieblichen, an der nördlichen Talseite gelegenen Anhöhe eine schöne Meierei, Hasenhof genannt. Von dort aus versorgte sie die Stuttgarter fürstliche Küche mit Butter und Schmalz und hielt bei der in den Wiesengründen des Reichenbaches gelegenen Kochenmühle stattliche Viehzucht, war aber nach ihren eigenen Worten auch stets bereit, mit dem armen Volke Speck und Bohnen zu essen. Nach dem im Jahr 1496 erfolgten Tod Eberhards lebte Barbara teils auf ihrem Witwensitz in Böblingen, teils auf dem ebenfalls zum Wittum gehörigen Hasenhof als ein Segen der Umgegend. Ihr Bildnis, welches sie als anmutige schlanke Frau darstellt ist im einstigen Lieblingsaufenthalt ihres Gemahl, dem Kloster Bebenhausen, noch zu schauen.



Noch mehr über die Geschichte der Schönbuchs ist hier zu finden:

Quelle: Otto Springer, Geschichte der altwürttembergischen Landstadt Waldenbuch, Druck und Verlag W. Kohlhammer, 1912
Gestaltung: Stefan O. Schüller

Zuletzt aktualisiert am 19.03.2005